Hans Modrow – einer der wirklich großen Vertreter der Partei DIE LINKE. ist in der Nacht von Freitag auf Samstag (am 11.02) kurze Zeit nach seinem 95. Geburtstag (27. Januar) in einem Berliner Krankenhaus verstorben. Dort war er Anfang der letzzten Woche nach einem Schlaganfall eingeliefert worden. Wir –  als BSR der Sozialistischen Linken – verneigen uns vor einem großen Mann.

 

Wir sind traurig und werden ihn vermissen. In Gedanken sind wir auch bei seiner Lebenspartnerin, seinen Angehörigen und seinen Freund:innen. Hier möchten wir Hans auf der Grundlage unseres auch von anderen zur Verfügung gestellten Wissens – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – noch einmal würdigen.

Unauffällig, bescheiden, aber mit klarem Verstand und klarem Standpunkt…. so war Hans Modrow. 

 

Er wurde 1928 in einem Dorf im heute polnischen Pommern geboren und erfuhr als Jugendlicher Krieg und Flucht mit der Familie am eigenen Leib. Eine Gesellschaft aufzubauen, in der Faschismus und Krieg nie wieder vorkommen, war sein Ziel, das er als aktiver Sozialist in der SED verfolgte. 

 

Als erster Sekretär der SED Leitung im Bezirk Dresden war er in den 80er Jahren dabei, als sich die Widersprüche des real existierenden Sozialismus in der DDR zuspitzten – Aufbau von Elektronik-Technologie-Standorten einerseits, zunehmende Unzufriedenheit in der Bevölkerung andererseits.

 

Eine besondere Situation, die kaum bekannt ist, ist bezeichnend für seine Auffassung als Sozialist:

Es war sein persönliches mutiges Angebot zum Dialog, das dafür gesorgt hat, dass die DDR Soldaten im Oktober 1989 in Dresden nicht auf die eigene Bevölkerung schießen mussten. Mit einem 3,5t Lautsprecherwagen in eine ca. 3000 Leute Montagsdemo zu kommen, und dort das persönliche Gespräch anzubieten, ohne schwer gepanzerte oder bewaffnete Bewachung, würde sich heute niemand trauen… Aber er hat das gemacht, weil es ihm wichtig war zu verstehen, was die Menschen bewegt, und ihnen ihre Macht zuzugestehen. Auch wenn das Ergebnis sicher nicht in seinem Sinne war.

 

Mit Hans verlieren wir einen Genossen, der sich nicht angepasst hat an die Mainstream Auffassungen – weder in der DDR, noch in der BRD. Er hat seine Analysen, die auf marxistischem Wissen beruhten und vom Standpunkt der Interessen der arbeitenden Bevölkerung geprägt waren, nicht für sich behalten. Diese Haltung ließ ihn die Auflösung der SED verhindern und machte ihn 1989 zum Ministerpräsidenten der DDR. Dies war sein letztes einflußreiches politisches Amt. 

 

Viele Menschen im Osten der erweiterten BRD, die Hans Modrow weiterhin schätzten, wählten ihn 1994 in den Bundestag, von wo aus es für ihn in der nachfolgenden Legislatur 1999 dann in das EU Parlament ging.

 

Die tonangebenden Spitzen der PDS und erst recht der Partei DIE LINKE. konnten wenig mit seiner bescheidenen, aber entschiedenen Art anfangen. Die Entschiedenheit, mit der Hans Modrow sich weigerte, die Errungenschaften der DDR im Nachhinein abzuwerten, weil das für politische Verlierer opportun war, ließ ihn für viele der neuen linken Führungspersonen eher kein beliebter Partner sein.

 

Mit der Fusion von PDS und WASG 2007 wurde eine Chance für eine starke linke Partei in ganz Deutschland geschaffen. Hans Modrow wurde Vorsitzender des Ältestenrates der Partei. 

 

2007 gelang der LINKEN. der Einzug in die Bremische Bürgerschaft und damit war DIE LINKE. erstmals in einem westdeutschen Landesparlament vertreten. Hans begrüßte die Bremer Delegation im Hof des KLHauses, freute sich sehr und hatte auch den einen oder anderen klugen Ratschlag für die Bremer dabei.

 

Als Vorsitzender des Ältestenrats war Hans Modrow in den letzten Jahren zunehmend kritischer Begleiter der Parteispitzen, der sich auch nicht scheute, die Fehlentwicklung der Partei als solche zu benennen. Leider hatte der letzte Parteivorstand nicht die Fähigkeit und / oder den Willen, damit angemessen umzugehen. Er löste den aktiven Ältestenrat 2022 auf und besetzte diesen selbst neu.

 

Der BND und der Verfassungsschutz beobachteten Hans Modrow seit den 1960er Jahren bis zu seinen letzten Lebensjahren. Hans Modrow arbeitete an der Verarbeitung der ihm zugänglich gemachten Akten, das Manuskript wird nun posthum erscheinen. 

 

Mit Anzeigen in mehreren Tageszeitungen hatte Hans Modrow vor seinem 95. Geburtstag, den er in kleiner Runde in einem Berliner Pflegehim feierte, darum gebeten, nicht ihn zu beschenken, sondern einen Solidaritätsbeitrag für Kuba zu spenden. Dabei war ein fünfstelliger Betrag zustande gekommen. Nach Rücksprache mit einem engeren Wegbegleiter rufen wir auch jetzt im Sinne von Hans zu einer Spende für Projekte in Cuba auf, diesmal jedoch auf das Konto der auf der Webseite von Cuba Si angegebenen Kontoverbindung:

 

DIE LINKE/Cuba Si

IBAN: DE 06 1005 0000 0013 2222 10 

BIC/SWIFT-Code: BE LA DE BE XXX 

Kennwort Hans Modrow

 

Letztmalig war Hans Modrow im November 2022 in der Öffentlichkeit aufgetreten. Die Modrow-Stiftung steckte 6.000 Tulpen-Zwiebeln für die Opfer des Faschismus auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde.

 

Im Januar 2022 schrieb Hans Modrow einen vielbeachteten Brief an die Parteivorsitzenden der Partei Die Linke, den man als sein politisches Vermächtnis betrachten kann  https://www.nd-aktuell.de/artikel/1160784.linkspartei-in-der-linken-muss-alles-auf-den-pruefstand.html .

 

Hans war ein kluger, ein gradliniger und ein authentischer Mann. Er war nicht an dem eigenen Ruhm und öffentlichen Auftritten interessiert, sondern verstand sich im Dienste seiner Partei als Berater der Partei. Seine Beiträge in Gremiensitzungen waren immer von einem respektvollen Umgang und Verständnis geprägt, ohne jedoch die Klarheit in den Aussagen zu verlieren.

 

Hans ist und bleibt einer der großen Männer der Linken – innerhalb und außerhalb der Partei. Wir sind dankbar, ihn gekannt und erlebt zu haben. Wir werden ihn nicht vergessen sondern ihn in liebevoller und ehrender Erinnerung behalten.