Der Bundesparteitag 2018 der Partei DIE LINKE spricht sich dafür aus, die Haltung der Partei zu Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen auch künftig offen zu halten. Er empfiehlt daher allen Mitgliedern, Gliederungen und Zusammenschlüssen der LINKEN dringend, einen Mitgliederentscheid zu dieser Frage und die dahin gehende Unterschriftensammlung nicht zu unterstützen. Sollte es zu einem Mitgliederentscheid kommen, werden die Mitglieder aufgefordert, für die Offenhaltung der Parteipositionierung zum bedingungslosen Grundeinkommen und damit gegen das Begehren des Mitgliederentscheides, die Partei auf die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen festzulegen, zu stimmen.

Die Haltung der LINKEN zu Konzepten und Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen ist seit der Gründung der Partei hoch umstritten. Im Grundsatzprogramm der Partei DIE LINKE, das 2011 auf dem Parteitag in Erfurt mit breiter Mehrheit beschlossen und in einem Mitgliederentscheid bestätigt wurde, fordert DIE LINKE:

  • eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die Armut tatsächlich verhindert. Hartz IV muss weg. Jeder und jede hat das Recht auf Arbeit und das Recht, konkrete Arbeitsangebote abzulehnen, ohne Sperrzeiten oder andere Sanktionen fürchten zu müssen.
  • eine armutsfeste solidarische gesetzliche Rente für alle Erwerbstätigen inklusive einer solidarischen Mindestrente
    eine solidarische Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege
  • ein Recht auf gute, existenzsichernde Arbeit. Gute Arbeit für alle, aber weniger Arbeit für die Einzelnen – das wollen wir als neue Vollbeschäftigung.

Weiter stellt das Programm in einer ausdrücklich verhandelten und einem Konsens zugeführten Formulierung fest: „Teile der LINKEN vertreten darüber hinaus das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens, um das Recht auf eine gesicherte Existenz und gesellschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen von der Erwerbsarbeit zu entkoppeln. Dieses Konzept wird in der Partei kontrovers diskutiert. Diese Diskussion wollen wir weiterführen.“

Auf dem Bundesparteitag 2015 in Bielefeld wurde mit wenigen Gegenstimmen ein Beschluss „DIE LINKE und das Bedingungslose Grundeinkommen“ gefasst, der als Kompromiss gemeinsam von der BAG Grundeinkommen und der BAG Sozialistische Linke eingebracht wurde. Darin wird festgestellt:

„Es wird innerhalb der Partei DIE LINKE und unter ihren WählerInnen auch in absehbarer Zukunft sowohl BefürworterInnen wie GegnerInnen eines Bedingungslosen Grundeinkommens geben. In Debatten zum Thema ist daher UnterstützerInnen wie GegnerInnen von Konzepten eines Bedingungslosen Grundeinkommens gleichermaßen Gelegenheit zu geben, ihre Positionen darzustellen. So kann diese Debatte in einer Weise geführt werden, die die Partei DIE LINKE nicht spaltet, sondern stärkt. Damit die Diskussion möglichst sachlich und qualifiziert geführt werden kann, ist die politische Bildung für den Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik auf allen Ebenen zu verstärken.

Parteigliederungen sollten sich im Sinne des Grundsatzprogramms bei ihren Diskussionen die Beschränkung auferlegen, die Position zum Bedingungslosen Grundeinkommen nicht entscheiden zu wollen. Ebenso gebietet es der Respekt der Mitglieder untereinander, die jeweilige Position jedes einzelnen Mitglieds in dieser Frage zu achten und jede Form von Ausgrenzung zu unterlassen. Jede Form von Entscheidung in dieser Frage durch Parteitagsmehrheiten in der einen oder anderen Richtung würde jeweils Teile der Partei und ihrer sozialen Basis von der LINKEN abstoßen.

Es wird noch ein längerer Diskussionsprozess erforderlich sein um zu klären, ob und ggf. welche abgestimmte und gemeinsame Position zum Bedingungslosen Grundeinkommen DIE LINKE entwickeln kann. Die Haltung der LINKEN wird dabei bestimmt werden von einer gemeinsamen Beschreibung der anzustrebenden Gesellschaft ebenso wie einer Verständigung über die Einschätzung der gegenwärtig realen Entwicklungen.“

Die dort beschriebene Situation hat sich seitdem nicht geändert. Eine „abgestimmte und gemeinsame Position“ der LINKEN zum bedingungslosen Grundeinkommen ist in den kommenden Jahren nicht absehbar und auch im kommenden Jahrzehnt äußerst unwahrscheinlich. Einerseits wird die BAG Grundeinkommen wahrscheinlich nicht von ihrem Ziel abgehen und sich auflösen, andererseits werden die GegnerInnen wahrscheinlich nicht von ihrer Position abgehen. Auch eine „eine gemeinsame Beschreibung der anzustrebenden Gesellschaft ebenso wie eine Verständigung über die Einschätzung der gegenwärtig realen Entwicklungen“ liegt über das im Grundsatzprogramm dazu festgehaltene hinaus nicht vor.

Das Vorhaben, mit einem Mitgliederentscheid eine Positionierung zur Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen erzwingen zu wollen, steht damit in Widerspruch zum Grundsatzprogramm und zu dem Parteitagsbeschluss von 2015. Die Bedingungen für eine politisch sinnvolle Entscheidung über die Haltung der Partei DIE LINKE sind nicht gegeben. Zudem sieht der Parteitagsbeschluss von 2015 vor, dazu zunächst eine Diskussion und Beschlussfassung auf dem Bundesparteitag durchzuführen und diesen dann einem Mitgliederentscheid zuzuführen.

Der Parteivorstand hat vor diesem Hintergrund am 15.10.2017 unter Verweis auf das Grundsatzprogramm und den Parteitagsbeschluss von Bielefelder beschlossen:

„Im Sinne der bisherigen Beschlusslage unserer Partei, empfiehlt der Parteivorstand, von einem Mitgliederentscheid Abstand zu nehmen und stattdessen die Diskussion um das Pro und Kontra sowie mögliche Anforderungen an ein emanzipatorisches BGE kontrovers weiterzuführen.“

Der Parteivorstand sorgt dafür, dass die Partei ausgewogen informiert wird und diskutieren kann, indem neben den Pro-Materialien der BAG Grundeinkommen gleichgewichtig Contra-Materialien zur Verfügung stehen.

Dieser Beschluss des Parteivorstands erfolgte mit breiter Mehrheit aufgrund eines Antrags der Sozialistischen Linken an den Bundesparteitag 2018, den dieser an den Parteivorstand überwiesen hatte.

Begründung:
Linke KritikerInnen halten die Begründungen eines BGE für unzutreffend und die Forderung für problematisch. Die „emanzipatorischen“ Varianten würden immense Umverteilungsvolumina und damit Abgabenbelastungen aller Einkommen erfordern und sind unter kapitalistischen Verhältnissen illusionär. Die Berechnungen im Konzept der BAG Grundeinkommen gehen nicht auf, ein BGE müsste unvermeidlich ganz überwiegend von den Lohnabhängigen bezahlt werden, die Abgabenbelastungen würden sich mehr als verdoppeln. Von der zentralen Bedeutung der Erwerbsarbeit und den tatsächlich in der Gesellschaft geführten Auseinandersetzungen würde abgelenkt, ungewollt könnte neoliberaler Politik Vorschub geleistet werden.

Weitere Texte zur Kritik von BGE-Vorstellungen:
http://www.ralfkraemer.de/category/grundeinkommenskritik/ 

Links zu den Beschlüssen der LINKEN:
https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteivorstand/2016-2018/beschluesse/detail/news/zu-bestrebungen-fuer-einen-mitgliederentscheid-zum-bedingungslosen-grundeinkommen/
https://archiv2017.die-linke.de/partei/organe/parteitage/archiv/bielefelder-parteitag-2015/beschluesse-und-resolutionen/die-linke-und-das-bedingungslose-grundeinkommen/

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