1. Die globalen ökologischen Problemlagen spitzen sich zu

Der Stoffwechsel zwischen Mensch und Erde ist gestört, die Schädigung unserer natürlichen Lebensgrundlagen schreitet rapide voran. Das UN-Klimagremium IPPC warnt, dass die Durch-schnittstemperatur auf der Erde bis Ende des Jahrhunderts um 3,8 bis 7,8 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau steigen könnte, wenn nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Und nicht nur die Atmosphäre, auch Meere und Binnengewässer, Böden, Wälder und andere Ökosysteme werden durch unsere Produktions- und Lebensweise geschädigt, immer mehr Arten sterben aus. Selbst wenn es Skepsis gegenüber manchen Prognosen geben mag: Klimawandel und fortschreitende Umweltzerstörung bedrohen die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen – wenn es uns nicht gelingt, im Lauf der nächsten Jahrzehnte einen nachhaltigen Stoffwechsel mit der Natur herbeizuführen.

 

2. Die Klimakrise ist eine soziale Frage

Wie stark jemand die Umwelt verschmutzt und wie hart jemanden die Klimakrise trifft – für beides ist der Kontostand der wichtigste Indikator. Das gilt international wie innerhalb der einzelnen Länder. Nach Schätzungen von Oxfam sind die reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung für rund die Hälfte der Treibhausgase verantwortlich, die ärmsten 50 Prozent der Weltbevölkerung nur für rund 10 Prozent. Auch in Deutschland erzeugen die einkommensstärksten 20 Prozent der Bevölkerung vier- bis fünfmal so viele Emissionen wie die ärmeren 20 Prozent. In ihren Ursachen wie den Folgen ist die Klimakrise eine soziale Frage, die ohne Umverteilung von oben nach unten und entsprechende Klassenkämpfe nicht gelöst werden kann

 

3. Die kapitalistische Produktionsweise ist die zentrale Ursache der Naturschädigung

Die kapitalistische Produktionsweise hat einerseits die Produktivkräfte und den Reichtum, aber zugleich auch die Schädigung und Zerstörung der Natur auf ein noch nie da gewesenes Niveau gesteigert. Immer mehr natürliche und menschliche Ressourcen der Erde werden der Kapitalverwertung nutzbar gemacht, die kapitalistische Internationalisierung beschleunigt und verstärkt den Raubbau, der seit den achtziger Jahren an Fahrt gewonnen hat. Wenn hohe Profite locken, entwickelt das Kapital einen extrem zerstörerischen Umgang mit Menschen und Natur. Im Rohstoffsektor ist das offensichtlich, wo die Profite besonders hoch sind, weshalb um fossile Ressourcen und Transportwege die meisten Kriege geführt werden.
In wenigen Jahrzehnten werden fossile Ressourcen aus dem Boden gefördert und verheizt, deren Entstehung hunderte Millionen Jahre in Anspruch nahm. Damit hat die Menschheit bzw. haben führende internationale Konzerne eine hohe Hypothek aufgenommen: Die Frage, auf wen die ökologischen, ökonomischen, gesundheitlichen und anderen Folgekosten des Raubbau Kosten abgewälzt werden, wird sich zu einer zentralen Front der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung entwickeln.

Verantwortlich für die Misere sind aber nicht nur traditionelle Industriebranchen, Energiekonzerne sowie die Landwirtschaft. Auch und gerade die modernen digitalen Wirtschaftszweige, Kommunikationsmittel und Produkte sind mit gigantischen Energiebedarfen und – sofern es nicht gelingt, diese Energie nachhaltig zu erzeugen – entsprechenden Umweltbelastungen verbunden. Ökologische Nebenwirkungen und Kosten werden im Kapitalismus auf die Allgemeinheit und besonders auf ärmere bzw. weniger schlagkräftige Gruppen abgewälzt. Dagegen müssen wir uns wehren indem wir folgendes Prinzip einfordern: Der Verursacher zahlt!

 

4. Ein schneller und umfassender ökologischer Umbau ist notwendig, was großen Einsatz von finanziellen und menschlichen Ressourcen erfordert

Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und die dazu vereinbarten Reduzie-rungsziele zu erreichen, muss die gesamte Produktivkraftbasis in einem großen gesamtgesell-schaftlichen Transformationsprojekt umgebaut werden. Das betrifft Energieversorgung, Industrieprozesse und Produkte, Landwirtschaft, Verkehr, Gebäude, aber auch die Arbeits- und Lebensweise der Menschen, ihren Umgang mit Gebrauchsgütern und natürlichen Ressourcen. Die Entnahme von Ressourcen und der Eintrag von belastenden Stoffen in die Natur müssen massiv reduziert werden. Energie und Rohstoffe müssen künftig so weit wie möglich aus regenerativen Quellen stammen und die Produkte nach ihrer Nutzung weitgehend wieder in Produktions- oder Naturkreisläufe eingehen. Der ökologische Umbau erfordert ein großes Programm öffentlicher Investitionen und einen massiven Ausbau öffentlicher Daseinsvorsorge, sozialkultureller Dienstleistungen und sozialstaatlicher Leistungen in einem „öko-sozialen New Deal“ bzw. Zukunftsprogramm, das gute, sinnvolle und ökologisch verträgliche Arbeitsplätze auch in vernachlässigten Regionen schafft.

 

5. Mit der Anpassung an den Klimawandel jetzt beginnen

Selbst bei Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele – die weltweit alles andere als wahrscheinlich ist – werden die Durchschnittstemperatur und der Meeresspiegel sowie die Wahrscheinlichkeit für Extremwetter-Ereignisse ansteigen. Dies erfordert die Anpassung der Verkehrswege, der Energienetze, der Land- und Forstwirtschaft sowie einen verbesserten Küstenschutz. Städte müssen begrünt und für mehr Schattenplätze, Frischluftschneisen und Trinkwasserbrunnen gesorgt werden. Katastrophenschutz und -prävention sowie Rettungsdienste müssen besser ausgestattet werden, der Schutz besonders betroffener Gruppen vor Hitze und Sonneneinstrahlung muss verbessert werden. Vorsichtshalber müssen auch besonders folgenschwere Klimawandelszenarien bei der Maßnahmengesamtplanung berücksichtigt und auf deren Grundlage rechtzeitig ausreichende Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung getroffen werden. Mit der Anpassung an veränderte Lebensbedingungen muss schon jetzt begonnen werden.

 

6. Neoliberale Herrschaftsverhältnisse und soziale und politische Spaltungen behin-dern den notwendigen Umbau

Kapital- und Machtverhältnisse blockieren den nötigen Umbau zu einer fossilfreien Wirtschaft, sie verursachen und vertiefen soziale und regionale Spaltungen, befeuern Konflikte und Kriege und deformieren Demokratie. Durch Regeln der Welthandelsorganisation und des Internationalen Währungsfonds, durch Handels- und Investitionsschutzabkommen und die Binnenmarktfreiheiten der EU wird ein internationales System der Ausbeutung von Menschen und Natur zementiert. Militär und Kriege sollen diese Verhältnisse sichern, verursachen selbst gigantische Umweltbelastungen und heizen den Klimawandel an. Kapitalistische Interessen bestimmen entscheidend auch die politischen Prozesse, schaffen Strukturen, Kulturen und Bewusstseinsformen, die Bedürfnisse nach immer mehr und neuen Waren hervorbringen mit unsolidarischem Konkurrenzverhalten und Luxuskonsum als Leitbild. Neoliberale Politik der Privatisierung, Marktliberalisierung und Umverteilung von unten nach oben und zu Lasten der öffentlichen Haushalte erschwert notwendige Regulierungen und öffentliche Programme für ökologischen Umbau. Soziale Unsicherheit, Bedrohung des Arbeitsplatzes und der Wohnung, Armut und Ungerechtigkeit befeuern Existenz- und Zukunftsängste. Diese Widersprüche und Ängste werden auch von rechts angesprochen und drohen unsere Verankerung in der lohnabhängigen Klasse weiter zu schwächen. Um politisch zu gelingen, muss der nötige ökologische Umbau sozial gerecht sein, Zukunftsperspektiven für die Beschäftigten bieten, soziale Absicherung garantieren und die Betroffenen demokratisch beteiligen.

 

7. Für einen linken sozial-ökologischen Umbau statt einer pauschalen Anti-Wachstumsposition

Ein gerechter ökologischer Umbau ist möglich. Er erfordert erheblichen Arbeitsaufwand, Millionen zusätzliche Arbeitsplätze müssten geschaffen werden, was Wertschöpfung, Einkommen und damit Beiträge zum Bruttoinlandsprodukt generiert. Wachstum des BIP darf kein Selbstzweck und nicht die vorrangige Orientierung sein – es geht um Lebensqualität, Gesundheit, ökologische Verträglichkeit. Aber eine pauschale Forderung nach Schrumpfung des BIP (wie sie teilweise von „Degrowth“-Konzepten vertreten wird) führt in die Irre, denn viele Bereiche werden im Zuge des Umbaus – teils vorübergehend, teils anhaltend – wachsen (andere natürlich schrumpfen oder gar eingestellt werden) müssen, d.h. hier sind differenzierte Forderungen nötig, die aus einem realistischen Umbauplan abgeleitet werden. Der notwendige Ersatz kurzlebiger durch langlebige und reparaturfreundliche Produkte und der Ausbau von Dienstleistungen statt Produktion und Verbrauch materieller Güter bedeutet keineswegs weniger Arbeit und Wertschöpfung.
Der sozial-ökologische Umbau erfordert eine beschäftigungsorientierte Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik, einen Abbau der übermäßigen Exportüberschüsse, eine Stärkung der Binnenwirtschaft, eine Entschuldung und Stärkung von Städten und Kommunen, eine Förderung der lokalen Wirtschaft, der Genossenschaften und des Handwerks. Dabei sind zugleich wirtschaftsdemokratische Beteiligung der Beschäftigten auszubauen, regionale Kreisläufe und solidarische Ökonomie zu stärken. Es geht um gute, gesellschaftlich nützliche und naturverträgliche Arbeit für alle, nicht um illusionäre und spaltende Vorstellungen eines Bedingungslosen Grundeinkommens als vermeintliche Alternative. Notwendig ist eine soziale Gestaltung und Abfederung des Umbaus durch Qualifizierung und Transferleistungen und insgesamt eine Stärkung des Sozialstaats sowie eine gezielte Politik zum Abbau von Einkommens-und Vermögensungleichheit. Prekäre Beschäftigung muss in sozial gesicherte reguläre umgewandelt, der Mindestlohn deutlich erhöht und Tarifbindung verbindlich gemacht werden. Das schafft auch die Bedingungen für einen neuen Schub allgemeiner Arbeitszeitverkürzung als die zentrale Form, in der in Zukunft wachsende Produktivität und technischer Fortschritt die Lebensqualität natur- und sozialverträglich mehren können.

 

8. Die Aufgabe ist global, doch sie muss in den einzelnen Staaten durchgesetzt werden

Die ökologischen Krisen und insbesondere die Klimakrise haben globalen Charakter. Um sie wirksam zu bekämpfen sind deshalb internationale Vereinbarungen und Zusammenarbeit erforderlich. Es muss eine neue Weltwirtschaftsordnung durchgesetzt werden, die nicht auf Profitmaximierung großer Konzerne, sondern auf nachhaltige Entwicklung in allen Ländern der Erde ausgerichtet ist. Das schließt eine schrittweise Reduzierung globaler Produktionsverflechtungen und stofflich nicht notwendiger internationaler Warentransporte zugunsten regionaler Wirtschaftskreisläufe ein. Die Umsetzung solcher Maßnahmen muss aber von den einzelnen Staaten geleistet werden, denn sie sind weiterhin die zentralen Akteure und Ebenen, auf denen die notwendigen Regulierungen durchgesetzt werden und demokratische Macht und Selbstbestimmung sich ausdrücken können. Das bedeutet auch, dass in den einzelnen Staaten demokratische Mehrheiten für eine Umbau-Politik gewonnen werden müssen. „Die Welt zu retten“ und den notwendigen globalen Umbau einzuleiten kann wahrscheinlich nur gelingen, wenn die USA politisch nach links kippen und einen massiven „Green New Deal“ einleiten, und wenn sie zu einer strategischen Zusammenarbeit statt Konfrontation mit China finden, und wenn diese beiden Leitstaaten dann gemeinsam vorangehen beim globalen Aufbau von Infrastrukturen, Produktionsprozessen und Lebensweisen, die klimaschonend und naturverträglicher als die bisherigen sind. Aber auch industriell hoch entwickelte Länder wie Deutschland tragen eine besondere Verantwortung: Sie müssen vorangehen und weniger entwickelten Ländern Unterstützung leisten, was eine linke Bündnispolitik und Zusammenarbeit mit Akteuren und Staaten aus dem globalen Süden erfordert. Die Länder des globalen Südens wurden über viele Jahrhunderte von den Industrienationen wirtschaftlich ausgebeutet. Die Industrienationen schulden es ihnen nun durch Wissens- und Technologietransfer, sie in die Lage zu versetzen, dass sie selbst erneuerbare Energie produzieren können. Und zwar ohne neue Abhängigkeiten zu schaffen.

 

9. Sozialismus oder Katastrophe

Um den Klimawandel einigermaßen unter Kontrolle zu halten, muss ein Großteil der fossilen Energieträger im Boden bleiben statt gefördert und verbrannt zu werden. Solange kapitalisti-sches Privateigentum und Profitprinzip, globale Standortkonkurrenz und die Bereicherungsinteressen vermögender Minderheiten die gesellschaftliche Entwicklung maßgeblich bestimmen ist das kaum vorstellbar. Die Lösung der ökologischen wie der sozialen Frage erfordert grundlegend veränderte Gesellschaften, die im Sinne der (Über-)Lebensinteressen und Bedürfnisse der überwiegenden Mehrheit der Menschen solidarisch und demokratisch gestaltet werden, also die Überwindung des Kapitalismus durch einen ökologischen demokratischen Sozialismus – und zwar in möglichst vielen, mindestens den meisten großen und entwickelten Ländern der Erde. Die Überwindung des Kapitalismus ist die überlebensnotwendige Menschheitsaufgabe des 21. Jahrhunderts, mit der sie ihre von Klassengegensätzen gekennzeichnete zerstörerische und planlose Vorgeschichte abschließen muss.

 

10. Die sozial-ökologische Transformation muss den Kapitalismus überwinden, aber im Kapitalismus beginnen

Eine Überwindung des Kapitalismus ist in der nächsten Zeit nicht absehbar. Der Umbau muss aber so schnell wie möglich vollzogen werden, also müssen noch im Kapitalismus mindestens erste große Schritte umgesetzt werden – was möglich ist, wenn es dafür genügend gesellschaftlichen Druck gibt. Für eine sozial-ökologische Transformation, die bereits im Kapitalismus beginnt, aber darüber hinausweist, müssen konkrete Schritte entwickelt, mehrheitsfähig gemacht und durchgesetzt werden. Antikapitalistische Propaganda allein reicht nicht, zumal auch die Überwindung der Kapitalherrschaft als solche noch keine ökologische und humane Verträglichkeit der Produktion und Lebensweise bedeuten würde. Es würde die Bedingungen der Lösung verbessern, wäre aber selbst noch nicht die Lösung.

 

11. Politische Rahmensetzungen ändern statt (nur) Konsumkritik üben

Für den notwendigen sozial-ökologischen Umbau muss sich die gesamte Lebens- und Produktionsweise der Menschen ändern. Individuelle Verhaltensänderungen können dabei eine wichtige Rolle spielen und Vorreiter sein, allerdings sind die Spielräume für individuelle Verhaltensänderungen durch gesellschaftliche Strukturen beschränkt. Wer jeden Tag zig Kilometer mit dem Auto pendelt, macht das in der Regel, weil er oder sie nur so eine akzeptable Arbeit, eine bezahlbare Wohnung und einen „normalen“ Lebensstandard gewährleisten kann. Wer Menschen zu einem klimafreundlichen Verhalten bringen will, muss daher andere Rahmenbedingungen für Produktion, Verteilung und Konsum politisch durchsetzen und die nötige gesellschaftliche Infrastruktur bereitstellen. Wir brauchen wir umfassende Maßnahmen, die allen Verbrauchern naturverträgliches Handeln ermöglichen – und diese Maßnahmen müssen gerecht sein und dürfen Menschen, die bereits um ihre Existenz kämpfen, keine zusätzlichen Opfer abverlangen.

 

12. Der Markt richtet es nicht – für einen planvollen Umbau der Ökonomie

Da die Ökonomie wesentlich die Struktur und Entwicklung der Gesellschaft und die Lebensweise bestimmt, ist ihr Umbau grundlegend. Dieser muss gesamtwirtschaftlich planmäßig erfolgen. Es geht dabei weniger um einzelne Produkte und Prozesse, sondern um übergreifende Strukturen und Systeme, bei denen unnötige Stoffumsätze und Transport vermieden und zukunftsfähige Produktions- und Konsumkreisläufe aufgebaut werden. Zentral sind ordnungsrechtliche Verbote und Gebote, die möglichst an der Produktion und Verteilung und nicht bei den Konsument*innen ansetzen, Planung von Flächennutzung, Siedlungs- und Produktionsstrukturen, und öffentliche Investitionen und Ausgaben zur öffentliche Erstellung von Infrastrukturen und Wohnungen sowie strategischen Produktionsanlagen, Forschungs- und Technologiepolitik.
Der Staat muss Planer, Vorreiter, Antreiber und Durchsetzer des Umbaus und ökologisch verträglicher Innovationen sein, sonst kann das niemand. Der öffentliche Sektor muss gestärkt und ausgeweitet werden, Privatisierungen zurückgenommen, für den Umbau besonders entscheidende Industriezweige und Netze müssen in öffentliche Hand überführt werden. Entscheidend ist, dass ökologisch verträgliche Alternativen zur Verfügung stehen, deren Einsatz auf solche Weise gefördert und vorangetrieben werden soll. Nur auf dieser Grundlage und in diesem Rahmen können dann auch preisliche, steuerliche und andere ökonomische Hebel wie Zuschüsse und Kreditvergünstigungen einen wichtigen Beitrag zum Umbau leisten.

 

13. Für einen demokratisch kontrollierten Finanzsektor

Ein demokratisch streng kontrollierter und in Bezug auf größere Institute und Fonds vergesellschafteter Finanzsektor wäre ein starkes Instrument um auch private Kapitalanlagen und Investitionen in den ökologischen Umbau zu lenken und unverträglichen Aktivitäten den Finanzhahn abzudrehen. Zugleich müssen durch eine sozial gerechte Steuerpolitik sowie die Vergabe zinsloser Kredite der Zentralbank an den Staat die notwendigen sehr großen Finanzierungsmittel für die öffentlichen Investitionen, Personalausgaben und Finanztransfers zur Bewältigung des Umbaus bereit gestellt werden und hohe Einkommen und große Vermögen zugunsten öffentlicher Verwendung und einer gleicheren Verteilung in der Gesellschaft umverteilt werden.

 

14. Für einen sozial-ökologischen Umbau braucht es eine starke LINKE

Ein sozial-ökologischer Umbau ist eine Machtfrage. Er kann nur durchgesetzt werden, wenn die breite Mehrheit der Bevölkerung für eine solche Politik gewonnen wird und bedarf einer erheblichen Verschiebung von Kräfteverhältnissen. Das kann nur gelingen, wenn wie be-schrieben der Umbau gerecht und in Verbindung mit einem sozialen und ökonomischen Gesamtkonzept vorangetrieben wird. Die Lasten des Umbaus dürfen nicht auf Ärmere abgewälzt werden, während privilegierte Minderheiten sich weiterhin Luxuskonsum gönnen. Eine Einschränkung und Verteuerung des Individualverkehrs setzt bezahlbare und akzeptable Alternativen (d.h. einen leistungsfähigen ÖPNV) voraus. Durch den Umbau der steuerlichen Entfernungspauschale in ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld muss die bisherige Benachteiligung von Beschäftigten mit geringen Einkommen beendet werden. Wenn das nicht beachtet wird, kann Ökologie auch ein (weiteres) Spaltungsthema sein, an dem die Linke und ihre gesellschaftliche Basis in verschiedene Lager auseinander getrieben und geschwächt werden. Die Linke sollte Begriff und Konzept einer klassenübergreifenden „imperialen Lebensweise“ zurückweisen. Damit wird das widersprüchliche Verhältnis zwischen Herrschenden und Beherrschten nicht genau erfasst, werden bestehende Klassenwidersprüche vernebelt und von einem globalen Nord-Süd-Gegensatz ausgegangen, den es in dieser Form in der zunehmend verflochtenen Welt nicht mehr gibt. So sind zum einen die Ungleichheiten innerhalb der Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten stärker gewachsen als zwischen den Ländern. Zum anderen liegt der Reichtum in den entwickelten Ländern v.a. an der höheren gesellschaftlichen Produktivität und wird nur in zweiter Linie durch die Ausbeutung ärmerer Länder erhöht. Entscheidend ist aber, dass die reichen Länder Ressourcen im Übermaß verbrauchen und entscheidend für Klimawandel und andere weltweite Umweltgefahren verantwortlich sind. Gerade deshalb gilt es, der Mehrheit der Menschen Alternativen zu nicht nachhaltigem Konsum, Handel und Produktion aufzuzeigen und sie dafür zu gewinnen. Nur weil Menschen hier Produkte konsumieren, die nicht nachhaltig und fair hergestellt werden, kann man nicht einfach unterstellen, dass sie unfairen Handel und Ausbeutung unterstützen, der Verlagerung von Produktionsstätten in den globalen Süden zustimmen, weil dort Arbeitende inhuman ausgebeutet werden und Umweltauflagen weniger streng sind. Hier besteht ein Ansatzpunkt für linke Globalisierungs- und Freihandelskritik, die weit bis in die Mittelschicht Gehör finden dürfte.

Die Rechten versuchen, Menschen, die sich durch ökologische Anforderungen bedroht oder belästigt oder ungerecht behandelt fühlen, gegen den nötigen Umbau aufzubringen. GRÜNE Politik spielt den Rechten oft in die Hände, indem sie ein besser verdienendes, städtisches Klientel bedient, auf Steuerung durch Märkte setzt und dabei zu wenig Rücksicht auf sozial oder räumlich abgehängte Gruppen nimmt. Einen sozial-ökologischen Umbau kann es nur mit einer starken Linken geben, die soziale und ökologische Forderungen und Bewegungen verbindet und Bündnisse zwischen ihnen herstellt. Zentral ist dabei, dass Gewerkschaften und Klimabewegung zusammenarbeiten und eine gemeinsame Orientierung entwickeln. Dafür gibt es Ansatzpunkte und Bestrebungen, aber auch weiterhin erhebliche Differenzen. Die Linke muss dafür arbeiten, dass die Umweltbewegung sich auf ein solches Bündnis und damit sozial und nach links orientiert und nicht faktisch auf ein Ökologisierungsprojekt gemeinsam mit dem Kapital. In den Gewerkschaften muss sie das Bewusstsein für ökologische Probleme und Zusammenhänge stärken und auf eine Zusammenarbeit mit der Umweltbewegung drängen und betriebliche „Standortbündnisse“ mit dem Kapital bzw. einzelnen Konzernen in Frage stellen.

 

15. CO2-Bepreisung greift zu kurz, wir brauchen ein Bündnis für ein sozial-ökologisches Umbau- und Investitionsprogramm!

CO2-Bepreisung ist hier ein besonders schwieriger Punkt. Sie ist besonders „kapitalkompatibel“, bringt wenig und weckt soziale Ängste. DIE LINKE muss demgegenüber betonen, dass andere Maßnahmen viel wichtiger und wirksamer sind, dass der Kapitalismus die Umweltkrise hervorgebracht hat und dass insbesondere große Konzerne und Superreiche für einen sozial-ökologischen Umbau finanziell herangezogen werden müssen. Wir sollten ökologische Halbherzigkeiten kritisieren, ohne dabei die Forderungen vermeintlich besonders radikaler Teile der Ökobewegung zu übernehmen, die oft sozial rücksichtlos oder völlig illusorisch sind oder die mit fragwürdigen Aktionen mehr Unwillen als Unterstützung generieren. DIE LINKE muss soziale, demokratische und Friedenskämpfe mit dem Kampf gegen Naturzerstörung verbinden und ein gesellschaftliches Bündnis von Gewerkschaften, sozialer, ökologischer und Friedensbewegung voranbringen. Eine zentrale Forderung muss die nach einem sozial-ökologischen Zukunfts- und Klimarettungsprogramm sein, so wie ihn auch Sozialist*innen in den USA unter dem Titel eines linken „Green New Deal“ vorantreiben.

 

(Bild: Igor Goncharenko / 123RF)