Wenn die mitunter etwas chaotische Zeitplanung (offenbar ist die Masse der Grußworte nicht wirklich „eingepreist“ worden) das einzige ist, was man bemängeln könnte an einem Landesparteitag der NRW-LINKEN – dann ist er wirklich gut gelaufen.

Der sehr umfassende Entwurf der Kommunalpolitischen Leitlinien bot eine gute Beschlussgrundlage. Die knapp 150 Änderungsanträge unterstreichen, wie ernst Kreisverbände, Landesarbeitsgemeinschaften und Strömungen das Thema Kommunalpolitik nehmen. Dass der Landesvorstand am Vorabend des Parteitags einen Großteil dieser Änderungsanträge übernommen hat, hat viele überflüssige Diskussionen erspart. Und das Endergebnis bietet gute Grundlagen für die kommunalpolitische Arbeit und die Erarbeitung der Wahlprogramme vor Ort.

Die Diskussionen liefen trotz aller verbliebenen Kontroversen ausgesprochen solidarisch. Wenn man davon absieht, dass AKL-Bundessprecher Thies Gleiss es sich bei der relativ kurzen Generaldebatte zu den Kommunalpolitischen Leitlinien erneut nicht verkneifen konnte, seinen Vorwurf kommunalpolitisch Aktive seien „Kommunalpolitische Gartenzwerge“ sinngemäß zu wiederholen.

Gleich die erste größere inhaltliche Kontroverse bei der Beschlussfassung zu den Leitlinien markierte auch die Kräfteverhältnisse auf diesem Landesparteitag:
Im dritten Satz der Einleitung des Entwurfs hieß es: „Wir wollen Schluss machen mit einer Politik, die auf Wachstum und die Ausbeutung von Mensch und Natur setzt.“ Eine ähnliche Formulierung tauchte auch noch im Kapitel zur Wirtschaftspolitik auf. Aber wirklich nirgends im ganzen 105-seitigen Entwurf gab es auch nur einen Hauch von Begründung für eine solch generelle Ablehnung von Wirtschaftswachstum. Ganz im Gegensatz dazu enthielt der Entwurf zahlreiche richtige Forderungen, die implizit auf Wachstum zielen: nach deutlich höherem Mindestlohn, nach Sicherung und Ausbau von Infrastruktur, nach Ausbau und Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Nahverkehrs, nach mehr Erzieher*innen und Lehrer*innen, nach besserer Gesundheitsversorgung und vielem mehr.

Dementsprechend hatte die Sozialistische Linke beantragt, das Wort „Wachstum“ an beiden Stellen zu streichen: Eine solch sektiererische und obendrein völlig unbegründete Positionierung der LINKEN. NRW galt es zu verhindern.

Der Landesvorstand hatte diese Streichung mit einer knappen 9:8-Mehrheit abgelehnt.

Der Landesparteitag kam dann zu einem ganz anderen Ergebnis: Mit Zweidrittel-Mehrheit wurde dem Streichungs-Antrag der Sozialistischen Linken zugestimmt.

Diese konstruktive Zweidrittel-Mehrheit für eine radikale, aber eben auch realistische linke Politik zog sich bei allen inhaltlichen Kontroversen durch:
Auch indem einzelne LaVo-Übernahmen von Änderungsanträgen – insbesondere Änderungsanträgen der AKL – vom Parteitag zurückgeholt und dann abgelehnt wurden.

Ebenso erfreulich liefen auch die Wahlen zu den NRW-Bundesausschuss-Delegierten:
Ihre Zusammensetzung spiegelt ein breites pluralistisches Spektrum des Landesverbands wider (in der Reihenfolge der Stimmenzahlen): Jules El-Khatib, Amid Rabieh, Katja Heyn, Iris Bernert-Leushacke, Fabian Stoffel und Cornelia Swillus-Knöchel.

Bild: © Günter Blocks