DIE LINKE steuert in eine existenzbedrohende Krise. Innerhalb von 10 Jahren hat sie ihr Wahlergebnis in Brandenburg und Sachsen halbiert und kommt nur noch auf rund 10 Prozent der Stimmen. Keine andere Partei verlor im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen auch absolut so viele Stimmen (- 47.600 der Zweitstimmen in Brandenburg, -85.170 in Sachsen). Dagegen konnte die AfD ihren Stimmenanteil (bei einer von 48 auf 61% gestiegenen Wahlbeteiligung) in Brandenburg fast verdoppeln, in Sachsen (bei einer von 49 auf 67% gestiegenen Wahlbeteiligung) sogar fast verdreifachen. In Sachsen erzielte die AfD mit 27,5% mehr Stimmen als DIE LINKE, Grüne und SPD zusammengenommen. Während die AfD besonders viele ehemalige Nichtwähler gewinnt, gelingt uns dies kaum. DIE LINKE schmort trotz gestiegenem politischen Interesse und höherer Wahlbeteiligung im eigenen Saft.
Dabei verlieren wir Stimmen in alle Richtungen: In Sachsen vor allem an AfD (-30.000) und CDU (-27.000), wobei seit 2014 auch 32.000 ehemalige Wähler verstorben sind, in Brandenburg vor allem an SPD (-30.000), GRÜNE (-13.000) und AfD (-12.000), wobei 17.000 ehemalige Wähler verstorben sind. Wir gelten im Osten nicht mehr als Protestpartei – diese Stimmen gehen inzwischen vor allem an die AfD. Auch von der verstärkten Orientierung an einzelnen Personen (Kretschmer in Sachsen, Woidke in Brandenburg) konnten wir nicht profitieren.
Unser Stimmenanteil bei jenen, die sich selbst als „Arbeiter“ einordnen, sank seit 2014 von 19 auf 8 Prozent in Brandenburg bzw. von 17 auf 10 Prozent in Sachsen, die AfD konnte ihren Stimmenanteil in dieser Gruppe dagegen erheblich steigern (von 19 auf 44 Prozent(!) bzw. 15 auf 41 Prozent). Unsere Verankerung bei Menschen mit Haupt- oder Realschulabschluss ist sehr gering, Erwerbstätige und Familien (Altersgruppe zwischen 30 und 59) wählen uns seltener als Jüngere (bis 30) oder Ältere (über 60). Allerdings haben wir auch unter Jüngeren, Rentnerinnen und Rentnern sowie in der Altersgruppe der 45- bis 59jährigen stark eingebüßt. Regional gewinnt die AfD vor allem in strukturschwachen Gebieten mit starker Abwanderung hinzu, dort büßt DIE LINKE besonders viele Stimmen ein. Sowohl Grüne als auch Linke haben ihre Hochburgen in Städten bzw. Regionen mit Bevölkerungswachstum, vor allem DIE GRÜNEN gewinnen dort deutlich hinzu.
Von der Basis ausgehend die Partei erneuern
Wie kann es sein, dass die AfD sich als „Arbeiterpartei“ profiliert, obwohl Interessen der Lohnabhängigen in ihrem Programm kaum eine Rolle spielen und sie ihre Wahlkämpfe von Milliardären aus der Schweiz bezahlen lässt? Offenbar haben wir ein Stück weit den Draht verloren zu den vielen Menschen, die zu Niedriglöhnen schuften und damit eine Familie ernähren müssen, zu Menschen, die keine sicheren Jobs (oder aufgrund guter Bildung wenigstens eine Perspektive darauf) haben. Diesen Draht müssen wir verstärken oder neu knüpfen –über beharrliche Arbeit mit und für diese Menschen an der (Partei)basis, in Kommunen, Betrieben, Schulen, Vereinen usw. Wir müssen unsere Partei stärker öffnen für Menschen, die im Berufsleben stehen, Familie haben, die keine höhere Bildung genossen haben oder die anderweitig sozial benachteiligt sind, müssen uns aktiv um Gewerkschafter, Betriebsräte oder Vertrauensleute bemühen. Wenn wir der AfD Paroli bieten wollen, darf unsere Politik nicht primär auf urbane Milieus zugeschnitten werden. Auch wenn es keine kurzfristigen Erfolge bringen mag: DIE LINKE sollte nicht nur von der Politik mehr Investitionen in strukturschwache Regionen und Stadtviertel einfordern, sondern muss sich auch selbst mehr um den Erhalt und Aufbau von Strukturen in „abgehängten“ Gebieten kümmern.
Gemeinsam sind wir stark. Unversöhnliches Gezänk um Pöstchen und Positionen und um sich greifendes Sektierertum sind dagegen immer ein Zeichen von Schwäche – auch weil Ressourcen dann absehbar nicht ausreichen werden, um allen Abgeordneten und Hauptamtlichen eine Existenz zu sichern. DIE LINKE darf nicht erneut in unfruchtbarem Streit versinken, sondern muss sich von der Basis ausgehend erneuern. Vielleicht kann ein Mitgliederentscheid über das Führungspersonal, wie er etwa von der Initiative https://wirsinddielinke.de/ vorgeschlagen wird, einen Beitrag zu einer solchen Erneuerung leisten. Ein solcher Mitgliederentscheid kann aber nur ein Baustein sein und dann zum Ziel führen, wenn er mit einer breiten und konstruktiven Debatte darüber verbunden wird, wofür DIE LINKE steht und stehen sollte und wie wir das Vertrauen der Lohnabhängigen und sozial Abgehängten (zurück)gewinnen können.
Partei ohne Profil?
Warum sollte man DIE LINKE wählen? Auf diese Frage konnten wir in diesen Landtagswahlen keine befriedigenden Antworten geben. In einer Umfrage gaben 70 Prozent der Befragten an, dass DIE LINKE an der Regierung in Brandenburg nichts durchgesetzt habe, was ihnen besonders aufgefallen wäre.(Vgl. https://wahl.tagesschau.de/wahlen/2019-09-01-LT-DE-BB/umfrage-linkspartei.shtml) Zwar hat DIE LINKE in Brandenburg mit durchgesetzt, dass das letzte Kitajahr kostenfrei und der Personalabbau in der Verwaltung gestoppt wurde und bei öffentlichen Aufträgen ein Mindestlohn von 10,50 € gezahlt werden muss. Trotzdem dürften wir unsere klassische Wählerklientel enttäuscht haben, etwa durch die Pläne für eine unpopuläre Gebietsreform, die zu einer Zentralisierung der Verwaltung und entsprechend weniger Bürgernähe geführt hätte, durch unzureichenden Ausbau des ÖPNV (was viele Leute ärgert, die auf überfüllte Regionalzüge angewiesen sind) oder fehlende Investitionen in sozialen Wohnungsbau (so ist die Zahl der Sozialwohnungen in Brandenburg seit 2004 von 113 000 auf 28.000 gesunken, seit 2015 wurden nur 1342 Sozialwohnungen im ganzen Land geschaffen). Auch all jene, die wegen des Klimawandels besorgt sind, haben wir in Brandenburg verprellt: So gab die Fraktionsführung der Linken das Klimaschutzziel für 2030 auf und stimmte einem Abbau von Braunkohle durch Vattenfall ab dem Jahr 2027 (!) zu. Die Glaubwürdigkeit der Linken als Bürgerrechtspartei wurde wiederum durch eine Verschärfung des Polizeigesetzes einschließlich der personellen Aufstockung des sogenannten Verfassungsschutzes erschüttert. Es zeigen sich hier aber auch schwer zu bearbeitende Widersprüche innerhalb der Gesellschaft und der sozialen Basis der LINKEN selbst, denn viele in den Braunkohleregionen Beschäftigte und ihre Familien fürchten um ihre Arbeitsplätze und viele Menschen haben das Bedürfnis nach mehr Sicherheit und wirksamerer Kriminalitätsbekämpfung.
Nicht nur in der Regierung von Brandenburg war eine linke Handschrift kaum zu erkennen, auch viele Wahlplakate blieben – trotz bunter Farben – inhaltlich blass und ohne Profil (vgl. etwa die Großflächenplakate unter https://www.dielinke-brandenburg.de/wahlen/landtagswahl/kampagne/erste-welle/#c193114 Zwar hat man mit der Volksinitiative gegen die Hohenzollern und der Forderung, ein Schiff zur Seenotrettung zu erwerben, noch einmal versucht, eigene Akzente zu setzen. Ob sich eine Volksinitiative – egal wie sinnvoll sie sein mag – oder das Thema Seenotrettung für die „Instrumentalisierung“ im Wahlkampf eignet, mag man allerdings bezweifeln, durch Letzteres hat man wahrscheinlich eher der AfD noch ein paar Stimmen zugetrieben.
Auch in Sachsen haben kulturelle Entfremdungsprozesse der LINKEN gegenüber lohnabhängig Beschäftigten, sozial Benachteiligten und Unterprivilegierten zu einem niederschmetternden Wahlergebnis beigetragen. Exemplarisch für die Entfernung zu den Lohnabhängigen ist das im Wahlprogramm verankerte Pilotprojekt eines Grundeinkommens für die Lausitz. Dabei wollen die meisten Beschäftigten dort auch für die Zukunft tariflich entlohnte Arbeit und nicht von Transfereinkommen leben. In Sachsen wie in Brandenburg wurde die Friedensproblematik dort, wo sie Menschen real und konkret betrifft, z.B. entlang der Transitrouten der NATO-Truppentransporte, nicht aufgegriffen. In beiden Ländern sind wir von der SPD kaum zu unterscheiden, ist unser Profil einer systemkritischen und sozialistischen Partei, die sich konsequent für die Interessen der lohnabhängigen Klasse einsetzt, mehr und mehr verschwommen.
Massenpartei statt Bewegungs- und Szenefixierung
Das Auftreten der Linken hat offenbar viele frühere Wählerinnen und Wähler der LINKEN nicht motiviert, das erneut zu tun, sondern sie eher davon abgehalten. Diese haben dann keineswegs überwiegend AfD gewählt, viele wählen dann auch lieber SPD, CDU oder andere Parteien. Unser Streit über Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik hat sicher eine abschreckende Rolle gespielt – wobei wir vermutlich keine Wähler gewonnen hätten, wenn die Forderung nach offenen Grenzen noch offensiver und geschlossener vertreten worden wäre, im Gegenteil.
Positionen und Strategien, mit denen man in „Szenevierteln“ wie Leipzig Connewitz, St Pauli, Kreuzberg/Friedrichshain oder Nordneukölln erfolgreich sein mag, lassen sich nicht in andere Stadtviertel übertragen –vom ländlichen Raum ganz zu schweigen. Wir sind uns einig, dass DIE LINKE keine Partei sein darf, die für Rassisten attraktiv ist, ebenso muss aber klar sein, dass sie nicht nur für Aktivisten aus der Frauen- oder Ökologiebewegung, der Antifa oder Flüchtlingssolidarität attraktiv und wählbar sein darf, übrigens ebenso nicht nur für Sozialistinnen und Sozialisten. Und so sehr wir unsere Mitglieder und Funktionsträger ermuntern sollten, an sozialen Kämpfen teilzunehmen und in Bewegungen und Organisationen jenseits der Partei aktiv zu sein – wir sollten uns bewusst sein, dass nur eine kleine Minderheit in Bewegungen aktiv ist. Die meisten Menschen, die wir erreichen müssen, interessieren sich nur am Rande für Politik und werden durch intensive „ideologische“ Diskussionen über alltagsferne Themen eher abgeschreckt. Die meisten haben mit ihren täglichen Sorgen (Geld und Job, Schule, Kita, Einkaufsmöglichkeiten, Wohnen, Verkehrssituation) genug zu tun und wenn überhaupt entwickeln sie entlang ihrer alltäglichen Probleme auch gesellschaftspolitische Aktivität. Darum greift bei aller Notwendigkeit der Verankerung in Bewegungen die Fixierung auf diese zu kurz. Auch das immer „zuspitzen und Konflikte schüren und weitertreiben“ muss in nachvollziehbaren Grenzen bleiben – irgendwo ist immer der Punkt, wo immer mehr Leute finden, jetzt übertreiben sie es aber. Unser Leitbild muss vielmehr (wieder) sein, eine linke Massen- oder Volkspartei zu werden. Nötig sind dazu v.a. Beteiligungsangebote für die breite Bevölkerung, die niedrigschwellig und alltagskompatibel sind, so dass auch Menschen sich sinnvoll einbringen und mitwirken können, die im Berufs- und Familienleben stehen. Zudem wäre eine Parteikultur zu entwickeln, die statt akademischer Debatten und „Sitzungssozialismus“ den Aspekt der Geselligkeit stärkt.
Den Kampf gegen rechts besser und anders führen
Der Aufstieg der AfD macht uns Sorgen – nicht nur in Sachsen oder Brandenburg. Aber wie kann man sie wirksam bekämpfen? Indem man ihre Wählerinnen und Wähler pauschal zu Rassisten oder Faschisten stempelt, gegen die man – gemeinsam mit SPD, GRÜNEN und sogar der CDU – aufstehen müsse? Indem man den Eindruck aufkommen lässt, Protest gegen die AfD sei der LINKEN wichtiger als der Einsatz für die Interessen der Leute im Land? Eine solche Strategie erscheint uns falsch, da sie an der Sicht der meisten vorbeigeht und es der AfD sogar noch erleichtert, sich als einzige Protestpartei, als Opfer und Gegner des Establishments zu präsentieren.
DIE LINKE braucht eine eigenständige Strategie gegen rechts, die an den Ursachen ansetzt. Wir müssen die Verwüstungen durch das Wirken der kapitalistischen Marktkräfte und die damit einhergehende Verunsicherung zum Thema machen. Statt einen Kulturkampf „gegen rechts“ in den Mittelpunkt zu stellen, sollten wir die herrschende Politik angreifen, die dem Erstarken der AfD den Boden bereitet hat. Wir sollten an den gemeinsamen Erfahrungen mit Ausbeutung, Benachteiligung und Vernachlässigung ansetzen und versuchen, das Selbstbewusstsein all jener, die von sozialem Abstieg bedroht oder betroffen sind, über gemeinsame Kämpfe für soziale Ziele wieder zu stärken. Erst über den Einsatz und gemeinsame Kämpfe für Verbesserungen des Alltags, um höhere Löhne und Renten und mehr soziale Sicherheit wird man der AfD das Wasser abgraben können.
Sicher: Wir brauchen „klare Kante“ gegen rechte Demagogen und Funktionäre und sollten rassistischen Sprüchen oder Fake News widersprechen. Gleichzeitig sollten wir im Umgang mit all jenen, die sich durch kulturellen Wandel und verstärkte Einwanderung verunsichert fühlen, offener und gesprächsfähiger werden. Nach einer Allensbach-Umfrage stimmen zwei Drittel der Bürger inzwischen der Aussage zu, dass man heute „sehr aufpassen (müsse), zu welchen Themen man sich wie äußert‘, denn es gäbe viele ungeschriebene Gesetze, welche Meinungen akzeptabel und zulässig sind.“ Wir dürfen nicht überheblich werden gegenüber Menschen mit geringerer Bildung, die vor allem ihrem Unmut über die herrschende Politik Ausdruck verleihen wollen – und das dürfte auch unter den AfD-Wählern noch eine Mehrheit sein. Umfragen zufolge wünscht sich nur ein Drittel der AfD-Wähler in Brandenburg einen Ministerpräsidenten Andreas Kalbitz. Die AfD ist kein Magnet, der aus sich selbst heraus so viele Menschen anzieht. Sie ist stark, weil und solange die gesellschaftliche Linke schwach ist und auf wichtige Fragen keine überzeugende Antwort bietet.
DIE LINKE braucht einen – radikalen und realistischen – Plan
Rechtspopulisten sind nicht im Aufwind, weil immer mehr Menschen dumm oder moralisch verkommen sind, sondern weil sozialistische Alternativen wenig greifbar und utopistisch erscheinen und linke Tagespolitik weitgehend nur die Probleme verwaltet und kaum spürbare Verbesserungen durchsetzt. Die Parolen von Leuten wie Donald Trump, Boris Johnson, Bolsonaro, Salvini oder Le Pen verfangen nicht nur, weil sie rassistisch sind und auf komplexe Probleme einfache Lösungen (wie den Bau von Mauern) anbieten. Sie legen auch den Finger in die Wunde indem sie den Verlust und die Verlagerung von Arbeitsplätzen durch die finanzgetriebene Globalisierung anprangern und dem neoliberalen Konzept der freien Bewegung von Waren, Kapital und Arbeitskräften nach den Bedürfnissen des Kapitals die nachvollziehbare Forderung nach mehr nationaler (demokratischer) Kontrolle über die Entwicklung des eigenen Landes (etwa gegen EU-Kürzungsdiktate) entgegensetzen.
Wie können wir die wirtschaftliche Globalisierung vernünftig begrenzen und demokratischen, sozialen und ökologischen Regeln unterwerfen und was bedeutet das für unsere Haltung zur EU und ihren neoliberalen Grundstrukturen? Wie gestalten wir einen ökologischen und friedlichen Umbau sozial in einer globalen Wirtschaft, in der große deutsche Konzerne u.a. auf umweltschädliche Produkte wie SUVs, Pestizide, Kraftwerke oder Waffen als „Exportschlager“ setzen? Wie sichern wir die Lebensqualität in ländlichen und vom Strukturwandel ausgelaugten Regionen, wenn Arbeitsplätze und Wertschöpfung sich zunehmend in Metropolen und wirtschaftsstarken Regionen konzentrieren? Auf diese und andere wichtige Fragen müssen wir überzeugende Antworten finden. Dabei schaden uns allzu radikale und abstrakte Forderungen ebenso wie ein opportunistisches bloßes Mitregieren, das sich im Bestehenden einrichtet.
Die Frage lautet nicht, ob wir uns vor allem als „Anwalt der Armen und sozial Abgehängten“ verstehen oder als entschiedene Verfechter von „Menschheitsfragen“ wie dem Klimawandel. DIE LINKE wird erst zu neuer Stärke finden, wenn sie die Lösung für beide Fragen zusammendenkt. Wie es die IG Metall bereits 1989 formuliert hat: „Wer spezifische Gefährdungen für die Arbeitnehmerschaft und globale Gefahren für die Menschheit eingrenzen und überwinden will, der muss für die Verteidigung der politischen Demokratie und für die Verwirklichung der wirtschaftlichen Demokratie eintreten. Überlebensfragen und Klassenfragen sind gleichermaßen Machtfragen.“
Wir stehen vor der Aufgabe, unsere bewährten verteilungs-, sozial- und arbeitspolitischen Forderungen mit der wachsenden Sehnsucht nach einer anderen, friedlichen, zukunftsfähigen und sozial gerechten Gesellschaft unter Berücksichtigung der historischen Erfahrungen und des Alltagsbewusstseins der Menschen zu einer greifbaren Vision zu verschmelzen. Wir müssen eine radikale und dabei realistische Alternative formulieren, müssen unsere hohe Kompetenz, die uns in sozialen Fragen eingeräumt wird, mit überzeugenden Konzepten für Wirtschaft, Arbeitsplätze, Infrastruktur und Klimaschutz sinnvoll verbinden – Politikfelder, wo uns erschreckend wenig Kompetenzen beigemessen werden. Dabei sollten wir in der anstehenden Klimadebatte nicht auf eine CO2-Steuer oder höhere Preise für Emissionszertifikate fokussieren, sondern klarmachen, dass ein ökologischer Umbau nur mit einem großangelegten öffentlichen Zukunftsprogramm gelingen kann, durch das zugleich hunderttausende sinnvoller Arbeitsplätze in den Regionen geschaffen werden können.
Die Klimakrise lässt sich nicht mit „business as usual“ marktkonform in den Griff bekommen, sondern erfordert umfassende Programme, die den exzessiven Konsum der Reichen beschränken und normalen Verbrauchern klimafreundliche Entscheidungen leicht, bequem und vor allem bezahlbar machen. Vergleichbar dem „Green New Deal“ von Bernie Sanders brauchen auch wir einen konkreteren Plan für einen Politikwechsel, für einen ökosozialistischen Strukturwandel von Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft. Das müssen wir dann populär ausbuchstabieren und zuspitzen und müssen dafür viele Bündnispartner gewinnen.
Dabei müssen wir das friedenspolitische Profil wieder stärker betonen: DIE LINKE muss verstärkt für eine Politik von Frieden und Abrüstung, Entspannung und Zusammenarbeit und gegen die herrschende Politik der Konfrontation, Aufrüstung und Sanktionen eintreten und dies in der Öffentlichkeit deutlich machen.
Ein in sich stimmiges Gesamtprogramm steht nicht im Widerspruch zu einer Fokussierung auf wenige Kernforderungen, die uns ein klares Profil geben und erst kampagnenfähig machen. Existenzsichernde Arbeit für alle, eine armutsfeste gesetzliche Rente, bezahlbare Mieten, Investitionen in wohnortnahe Infrastruktur und einen sozial-ökologischen Umbau sowie der Kampf für Umverteilung und Frieden und gegen Kapitalmacht– dafür steht DIE LINKE und das muss (noch) deutlicher werden.