DIE LINKE verliert an Einfluss auf das aktuelle politische Geschehen in der Bundesrepublik Deutschland- Sie wird nicht länger als die politische Alternative wahrgenommen, welche die zunehmend ungerechten Verhältnisse im Land verändern kann. Das Stimmenergebnis von 5,5% für DIE LINKE zu den Europawahlen ist ein deutliches Warnsignal. Angesichts der Stimmenverluste in der traditionellen Arbeiterklasse und bei Erwerbslosen, angesichts unseres Stimmenrückgangs im Osten bei gleichzeitigem Aufstieg der AFD und auch angesichts von Verlusten an Kleinparteien und die Grünen im urbanen Milieu darf es ein „Weiter so“ nicht geben.

DIE LINKE muss ihr Profil als populäre soziale Alternative schärfen und sich sowohl in ihren Positionen und Prioritäten als auch kulturell wieder stärker an der Gesamtheit der Lohnabhängigen orientieren. Dazu bedarf es einer personellen und strukturellen Erneuerung, die die Basis wieder stärker einbezieht und eine neue Dynamik in unsere Partei bringt.

 

1. Die Partei zusammenhalten

Die Pluralität der LINKEN bildet sich vor allem in vier politischen Lagern ab, deren Grenzen nicht starr sind und die ihren Ausdruck nicht unbedingt in den vorhandenen Strömungen finden. Das Reformerlager hat sich einen traditionellen und einer eher linksliberalen Teil ausdifferenziert. Ähnliches gilt für das linke Lager mit einem klassisch marxistischen, linkskeynesianischen und einen eher linksradikalen, bewegungsfixierten Flügel. Jeder Versuch, einen dieser Teile auszugrenzen, gefährdet immer die Partei als Ganzes. Deshalb müssen sich nach unserer Auffassung in den Führungsgremien der LINKEN alle Lager wiederfinden. Unser Führungspersonal muss sowohl willens, als auch in der Lage sein zusammenzuarbeiten und in der Partei und der Bevölkerung anerkannt sein. Um eine solche Lösung zu erreichen, ist eine breite Einbeziehung der Basis notwendig. Deshalb treten wir für einen Mitgliederentscheid über die personellen Schlüsselpositionen der LINKEN ein. Sowohl die Diskussion über das Personaltableau als auch die strategischen Diskussionen müssen heraus aus den Hinterzimmern und hinein in die gesamte Partei. Dies würde auch die dringend notwendige Verbesserung der politischen Kultur befördern. Das Besinnen auf die Gemeinsamkeiten, das mehr beinhaltet als die Schnittmenge gemeinsamer Positionen, ist nicht nur auf der zentralen Ebene sondern in allen Landesverbänden der LINKEN erforderlich.

 

2. Strategie-Diskussion angehen

Bei den Europa-Wahlen waren Klimaschutz, Soziale Gerechtigkeit und Frieden die wahlentscheidenden Themen. Diese Themen stehen, nicht nur in der Wahlkampagne, in der LINKEN seltsam verbindungslos nebeneinander, wobei friedenspolitische Aktivitäten deutlich unterentwickelt sind. Wir brauchen in enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kräften der gesellschaftlichen Linken dringend eine strategische Debatte, wie diese Megathemen gemeinsam angegangen werden können. Nicht zuletzt die Großdemonstration der IG Metall am 29. Juni hat deutlich gemacht, dass der digitale und ökologische Umbau der Industrie ungesteuert zu großen Verwerfungsprozessen führen wird.

In der strategischen Diskussion müssen wir versuchen, Antworten auf brennende Fragen zu finden. Wie kann die LINKE ein klares Profil als kapitalismuskritische, gesellschaftsverändernde Kraft entwickeln, die sowohl die klassischen Industrieregionen als auch die urbanen Zentren und ländliche Räume erreicht? Wie kann verbindende Klassenpolitik nicht nur postuliert sondern auch umgesetzt werden? Wie kann der Aufstieg des Rechtspopulismus gestoppt und neonazistische Gewalt in die Schranken gewiesen werden? Welche Rolle spielt eine populäre Ansprache? Welche konkreten Politikansätze haben wir für die verschieden Ebenen – global, EU, Nationalstaat – der Politik?

Wichtig ist u.E., dass tatsächlich eine strategische Diskussion geführt wird. Durchaus sinnvolle Mittel wie Organizing und Haustürbesuche sind jedoch nur methodische Mittel der politischen Arbeit. Eine Diskussion und Entscheidung über Einstiegsprojekte in eine andere gesellschaftliche Entwicklung und Reformalternativen, Bündnispolitik und die richtige Verbindung von außerparlamentarischem und parlamentarischem Kampf ersetzen sie nicht.

 

3. Umsetzungsperspektiven entwickeln

Politische Ziele lassen sich nur durch politische Auseinandersetzungen und das Ringen um andere politische Mehrheiten durchsetzen. Wichtig ist daher eine stringente, strategische politische Herangehensweise, die alle Politikfelder umfasst. Weder Bewegungsfetischismus noch Mitregieren um jeden Preis können eine Gesamtperspektive der Gesellschaftsveränderung ersetzen. Die Frage nach der richtigen Herangehensweise ist immer konkret zu stellen.

Die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung in Bremen hat Hoffnungen auf konkrete Verbesserungen geweckt. Sie ist ein großes Wagnis, denn viele Fragen, vor allem bei der Finanzierung von Reformvorhaben bleiben unklar. Sinnvoll ist eine Initiative der Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft, die schädliche Schuldenbremse in der laufenden Legislaturperiode überprüfen zu lassen. DIE LINKE muss in der Landesregierung spürbare Verbesserungen gerade der Menschen durchsetzen, bei denen sie an Zustimmung verloren hat. Die Gewerkschaften müssen bei der Lösung der schwierigen Aufgaben einbezogen werden. Bleiben spürbare Verbesserungen aus, wird DIE LINKE die in sie gesetzten Erwartungen nachhaltig zerstören. Dennoch plädiert die SL dafür, das Wagnis einzugehen. Anders sehen wir die Sache bei möglichen Koalitionen mit der CDU in östlichen Bundesländern. Ein Bündnis der LINKEN mit der CDU würde die Partei in den östlichen Bundesländern dem Vorwurf der Beliebigkeit aussetzen und der AFD die einzige Oppositionsrolle zuweisen.

Der Aufschwung der ökologischen Bewegungen, wie sie z.B. die Fridays for Future Bewegung ausdrückt, ist zu begrüßen und zu unterstützen. Gleichzeitig muss DIE LINKE ihre eigenen Positionen in die Bewegungen einbringen: Gegen den Krieg als Klimakiller, für ein Milliardenprogramm für die Schiene, die grundsätzliche Kritik an der kapitalistischen Wirtschaftsweise und die Forderung nach Ersatz für wegfallende Arbeitsplätze. Die Kosten für den Klimaschutz müssen von den Hauptverursachern der Klimakrise, den großen Konzernen, getragen werden, nicht von den kleinen Leuten. Die LINKE muss viel stärker als bisher den Aufbau einer starken Friedensbewegung vorantreiben. Gewerkschaftliche Kämpfe müssen, wie bisher, starke Unterstützung durch DIE LINKE erhalten. Gleichzeitig müssen wir die Verankerung der LINKEN in den Betrieben vorantreiben.

Grundlegende progressive Veränderungen in diesem Land benötigen einen Politik- und Regierungswechsel. In diesem Prozess könnte DIE LINKE eine treibende Kraft sein, wenn sie ein klares Profil hätte und Ihr Wähler*innen-Potenzial voll ausschöpfen würde. Dazu ist sie momentan nicht in der Lage. Das muss sich ändern.